Es handelt sich um die erste
Europawahl nach Inkrafttreten des
Vertrags von Lissabon, sodass erstmals die darin vorgesehene Neuverteilung der Sitzzahl pro Land gelten wird.
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Geltendes Wahlrecht
Nach dem bestehenden Europawahlrecht hat jeder Mitgliedstaat eine feste Anzahl von Sitzen, wobei nach dem Prinzip der
degressiven Proportionalität größere Staaten grundsätzlich jeweils mehr Sitze hatten als kleinere Staaten, kleinere Staaten aber mehr Sitze
pro Einwohner als größere. Aktiv und passiv wahlberechtigt sind alle
Unionsbürgerab einer bestimmten Altersgrenze, die jedes Land selbst festlegen kann. Unionsbürger, die nicht die Staatsbürgerschaft des Landes haben, in dem sie leben, können frei entscheiden, ob sie im Land ihrer Staatsbürgerschaft oder ihres Wohnsitzes wählen wollen. Auch Bürger mit mehreren Staatsbürgerschaften können sich selbst aussuchen, in welchem dieser Länder sie wählen wollen. Als Wahlsystem ist in allen Ländern das
Verhältniswahlrecht festgelegt, wobei die
Sperrklausel maximal fünf Prozent betragen darf. Die genaue Ausgestaltung ist jedoch wiederum den Mitgliedstaaten selbst überlassen.
Verteilung der Sitze auf die Mitgliedsländer
Mit Inkrafttreten des
Vertrag von Lissabon wurde die Gesamtzahl der Mitglieder des Europaparlaments von bisher 736 auf 751 erhöht. Elf Länder konnten daher insgesamt 18 zusätzliche Abgeordnete entsenden (siehe
„Zusätzliche Mitglieder nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon“). Gleichzeitig wurde die Höchstzahl pro Land auf 96 festgelegt. Deutschland als einziges betroffenes Land behielt jedoch seine bisher 99 Sitze bis zur Neuwahl 2014. Mit dem
Beitritt Kroatiens am 1. Juli 2013 kann dieses Land 12 Abgeordnete in das Europaparlament entsenden. Dadurch erhöht sich die Zahl der Abgeordneten auf 766.
Zur Wahl 2014 wird die Zahl wieder auf 751 Mandate angepasst. Zudem wurde vom Europäischen Parlament eine Initiative eingeleitet, um das Europawahlrecht vor der Wahl 2014 umfassend zu reformieren. Dabei sollte ein Teil der Europaabgeordneten nicht mehr im Rahmen nationaler Sitzkontingente, sondern über gemeinsame europaweite Listen gewählt werden. Vorgesehen waren hierfür 25 zusätzliche Sitze, für die jede politische Partei auf europäischer Ebene und jede Fraktion im Europäischen Parlament eine Kandidatenliste vorschlagen kann. Zudem sollten auch die nationalen Sitzkontingente neu berechnet und für ihre Wahl einheitlichere Regeln aufgestellt werden, etwa ein einheitlicher Wahltermin und klarere Vorgaben zur Ausgestaltung des Verhältniswahlsystems. Ein entsprechender Vorschlag wurde 2008 von Andrew Duff, dem zuständigen Berichterstatter des Parlaments, eingebracht und im April 2011 vom Ausschuss für konstitutionelle Fragen verabschiedet. Eine solche Reform hätte jedoch eine Veränderung des EU-Vertrags notwendig gemacht und hätte deshalb von allen Mitgliedstaaten der EU ratifiziert werden müssen. Der Vorschlag wurde schließlich fallen gelassen. Ebenso wurde ein weiterer Vorschlag von Duff zur Verteilung der Sitze nicht angenommen.
Auf Vorschlag von
Roberto Gualtieri und
Rafał Trzaskowski wurde dem Europäischen Rat folgende Initiative vorgelegt: Kroatien werden gemäß der im Lissabon-Vertrag vorgesehenen „degressiven Proportionalität“ elf Sitze zugeteilt. Elf Länder, die nach der degressiven Proportionalität und unter Berücksichtigung der Mindestzahl von sechs Sitzen zu viele Mandate haben, müssen jeweils einen der bisherigen Sitze abgeben. Dieser Vorschlag wurde vom Europäischen Rat am 28. Juni 2013 verabschiedet.
Plenarsaal des Europäischen Parlaments
Spezielle Regelungen der Mitgliedsländer
In Deutschland wurde für die Wahlen zum Europäischen Parlament zunächst eine Drei-Prozent-
Sperrklauseleingeführt, die eine verlässliche Mehrheitsbildung im Europäischen Parlament und das reibungslose Funktionieren der EU-Exekutive gewährleisten sollte. Dies beschloss der
Bundestag am 13. Juni 2013 mit den Stimmen von
CDU,
CSU,
FDP,
SPD und
Grünen und reagierte damit auf einen Entscheid des
Bundesverfassungsgerichts, der in seinem Urteil (Az. 2 BvC 4/10 u.a.) vom 9. November 2011 die bisherige Fünf-Prozent-Hürde bei Europawahlen für verfassungswidrig erklärte. Unter anderem seien bei der letzten Wahl im Jahr 2009 2,8 Millionen Wählerstimmen dadurch nicht berücksichtigt worden. Das Urteil war getragen von fünf der acht Richter. Die Richter
Rudolf Mellinghoffund
Udo Di Fabio kritisierten den Urteilsspruch ihrer Kollegen in einem Sondervotum. Ihrer Ansicht nach ist die Sperrklausel zulässig, weil sie Funktionsbeeinträchtigungen des EU-Parlaments verringern soll. Gegen die neue Sperrklausel legte unter anderem der Verein
Mehr Demokratie eine
Verfassungsbeschwerde ein. Die
Piratenpartei Deutschland und weitere
Kleinparteien reichten beim Bundesverfassungsgericht
Organstreitverfahren ein. Am 18. Dezember 2013 verhandelte das Bundesverfassungsgericht mündlich über die Klagen. Am 26. Februar 2014, drei Monate vor der bevorstehenden Wahl (25. Mai), erklärte das Bundesverfassungsgericht die Drei-Prozent-Hürde für verfassungswidrig und
nichtig.
Sitzzuteilungsverfahren der Mitgliedsländer
Gewählt wird in den 28 Mitgliedsstaaten der EU
Parteien und Kandidaten
Zu den Europawahlen in den 28 Mitgliedsstaaten treten jeweils nationale Parteien an. Diese haben sich jedoch teilweise zu
politischen Parteien auf europäischer Ebene oder
Europaparteien zusammengeschlossen. Der am 1. Dezember 2009 in Kraft getretene
Vertrag von Lissabon schreibt vor, dass das Europaparlament den (vom europäischen Rat) vorgeschlagenen Präsidenten der Europäischen Kommission wählt. Der europäische Rat muss bei dem Vorschlag das Ergebnis der Europawahl berücksichtigen (vgl. Art. 17 Abs. 7 EUV). Die großen Europaparteien haben daher angekündigt, vor der Wahl Kandidaten für das Amt des
Kommissionspräsidenten aufzustellen. Realistische Chancen werden nur Jean-Claude Juncker und Martin Schulz eingeräumt.
Europäische Volkspartei
Die
christdemokratische und
konservative Europäische Volkspartei (EVP) ist die derzeit stimmenstärkste Europapartei im Europaparlament – die Partei EVP hat 262 Abgeordnete, die
Fraktion der EVP 275 Mitglieder. Der Kandidat der EVP wurde auf einem Kongress am 6. März in
Dublin nominiert. Der ehemalige luxemburgische Premierminister und Euro-Gruppen-Chef
Jean-Claude Juncker galt im Vorfeld der Wahl als Favorit. Als weiterer Kandidat trat EU-Binnenmarktkommissar
Michel Barnier an. Der ehemalige lettische Ministerpräsident
Valdis Dombrovskis zog seine Kandidatur am Tag vor der Wahl zurück. Juncker wurde schlussendlich mit 382 Stimmen gewählt. Barnier vereinigte 245 Stimmen auf sich. In Deutschland treten für die EVP
CDU (außer in Bayern) und
CSU (nur in Bayern) und in Österreich die
ÖVP an.
Sozialdemokratische Partei Europas
Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa
Europäische Grüne Partei
Europäische Linke
Die
Europäische Linke (EL) hat derzeit 15 Mitglieder im Europaparlament. Die
Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke (GUE/NGL) hat 35 Mitglieder. Beim Treffen des Rates der Parteivorsitzenden der EL am 19. Oktober 2013 in Madrid wurde beschlossen, einen gemeinsamen Kandidaten für das Amt des Vorsitzenden der EU-Kommission zu wählen, um zu verhindern, dass „die Kräfte, die verantwortlich für die Krise sind“, ein Monopol während des Wahlkampfes erhalten. Der Rat beschloss auf dem nächsten Parteikongress am 13. bis 15. Dezember 2013 in Madrid, die Kandidatur von
Alexis Tsipras vorzuschlagen, da er „die Stimme des Widerstandes und der Hoffnung gegen die ultra-liberale Politik ist und der extremen Rechten entgegentritt“. Deutsches Mitglied ist
Die Linke, in Österreich die
Kommunistische Partei Österreichs, die innerhalb des Wahlbündnisses
Europa anders antritt. Die
Deutsche Kommunistische Partei ist beobachtendes Mitglied.
Allianz der Europäischen Konservativen und Reformisten
Die konservative und EU-skeptische Allianz der Europäischen Konservativen und Reformisten (AEKR) ist derzeit mit 51 Mitgliedern im Europaparlament vertreten, ihre Fraktion Europäische Konservative und Reformisten (EKR) hat 55 Mitglieder. Die AEKR hat keinen Kandidaten zum Kommissionspräsidenten aufgestellt, da ihrer Meinung nach der Aufstellung von Kandidaten durch Europaparteien öffentliche und rechtliche Legitimität fehle. Die Aufstellung von Spitzenkandidaten würde ein föderales Prinzip unterstellen, welches weder in den Verträgen der EU zu finden sei, noch von der Bevölkerung der Mitgliedstaaten gewünscht sei. Die AEKR wird hauptsächlich von den britischen Konservativen, der polnischen Recht und Gerechtigkeit und der tschechischen Demokratischen Bürgerpartei getragen und hat derzeit weder deutsche noch österreichische Mitglieder.
Europäische Demokratische Partei
Die zentristische
Europäische Demokratische Partei (EDP) hat derzeit sieben Abgeordnete im Europaparlament. Sie ist seit 2004 in einer gemeinsamen Fraktion mit der ALDE. Die EDP hat wie die ALDE Guy Verhofstadt zu ihrem Spitzenkandidaten gewählt. Aus Deutschland sind zwei Politiker der
Freien Wähler Einzelmitglieder der EDP, aus Österreich sind keine Mitglieder in der EDP.
Europäische Freie Allianz
Die
Europäische Freie Allianz, eine Verbund von Regionalparteien, hat derzeit sechs Europaparlamentarier. Diese gehören traditionell der Fraktion Grüne/EFA an. Heute sind 35 europäische Regionalparteien Mitglied der EFA. In Deutschland tritt das EFA-Mitglied
Bayernpartei an.
Europäische Piratenpartei
Europäische Allianz für Freiheit
Die rechtspopulistische Europäische Allianz für Freiheit (EAF) ist derzeit mit fünf fraktionslosen Abgeordneten im Europaparlament vertreten. Die an der EAF beteiligten Parteien, Front National, Freiheitliche Partei Österreichs, Vlaams Belang und Schwedendemokraten haben angekündigt, mit weiteren Parteien eine Allianz für die Europawahl zu bilden. Mit der niederländischen PVV wurde bereits eine Zusammenarbeit vereinbart. Die Zusammenarbeit mit der Lega Nordsoll am 15. April besiegelt werden. Dazu ist man im Gespräch mit vier weiteren Partnern. Die EAF hat erklärt, keinen Kommissionspräsidentenkandidaten aufzustellen. Die EAF hat keine deutschen Mitglieder.
Weitere Parteien