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Dienstag, 6. Mai 2014

Sind Zeitreisen möglich?


Ja, Zeitreisen sind kein Problem. Allerdings nicht in die Vergangenheit. Das jedenfalls hoffen die Physiker inständig. Denn die „geschlossene zeitartige Kurve“ ist eine Theorie, die Wissenschaftler gruseln lässt.

Die erste wissenschaftlich begleitete Zeitreise fand im Oktober 1971 statt. Damals flogen die beiden amerikanischen Physiker Joseph Hafele und Richard Keating mit Linienflugzeugen ostwärts einmal um die Welt, im Gepäck vier präzise Atomuhren. Nach ihrer Rückkehr verglichen sie diese mit einer ortsfesten Uhr im U.S. Naval Observatory in Washington, und siehe da: Die weltgereisten Uhren gingen alle nach.
Die Zeit war in Washington schneller vergangen als für die fliegenden Physiker, die damit folglich in die Zukunft gereist waren - wenn auch nur für etwa 60 Nanosekunden.
Zeitreisen in die Zukunft sind also kein Problem. Das folgte bereits 1905 aus Albert Einsteins spezieller Relativitätstheorie. Und auch wenn der von Hafele und Keating gemessene Effekt nur zum Teil auf Einsteins ersten Geniestreich zurückgeht, so würde sich ein viel stärkerer Effekt zeigen, wenn etwa ein Astronaut mit annähernd Lichtgeschwindigkeit zu einem fernen Stern flöge. Der Raumfahrer wäre nach seiner Rückkehr um Jahre jünger als sein auf der Erde verbliebener Zwillingsbruder. Oder, anders gesehen: Er wäre Jahre in die Zukunft gereist. Allerdings käme er damit nie mehr zurück zu dem Zeitpunkt, in dem er und sein Bruder noch gleich alt waren.
Einstein vereinte Raum und Zeit zu einer einheitlichen Struktur, der Raumzeit. Doch ein Punkt dieser Raumzeit, also etwa eine gewesene Gegenwart, wird dadurch noch lange nicht zu etwas, zu dem man zurückkehren kann wie in seine Stammkneipe. Denn nach der speziellen Relativitätstheorie steht uns allein eine Zukunft in einem Raumbereich offen, der sich mit fortschreitender Zeit zwar immer weiter verbreitert wie ein Kegel mit zunehmendem Abstand von der Spitze, aber dieses Öffnen der Zukunft erfolgt immer nur in eine Richtung: vorwärts.
Geschlossene zeitartige Kurven - die Physiker gruseln sich
Das ändert sich, wenn die Schwerkraft ins Spiel kommt. Dann gilt die allgemeine Relativitätstheorie, welche die Gravitation als Krümmung der Raumzeit in jedem möglichen „Hier und Jetzt“ auffasst, hervorgerufen durch die jeweils aktuellen Materie- oder Energieansammlungen. Das hat Folgen für jene Kegelflächen, die für jeden Raumzeitpunkt angeben, wann und wo sich dessen Vergangenheit abgespielt hat und wann und wo seine Zukunft stattfinden kann. Die Krümmung ist imstande, diese Kegel von einem Raumzeitpunkt zum nächsten gegeneinander zu verkippen. Damit wird denkbar, dass durch eine geeignet verbeulte Raumzeit Pfade laufen, die an ihren Ausgangspunkt zurückkehren. An ihnen entlang würde man also durch die Zukunft in seine eigene Vergangenheit reisen; „geschlossene zeitartige Kurven“ nennen die Physiker solche Gebilde - und gruseln sich davor.
Warum? Das Gruselige ist, dass bei Reisen in die Vergangenheit Kausalitäten durcheinandergeraten können: Ereignisse können ihre eigene Ursache werden oder aber sich selbst unmöglich machen. Letzteres wird oft auch als „Großvater-Paradox“ bezeichnet, weil man sich dabei einen Menschen vorstellt, der in die Zeit zurückreist, seinen Großvater als jungen Mann trifft, ihn im Streit umbringt und damit seine eigene Geburt verhindert.
Allerdings bedarf es schon besonders pathologischer Konfigurationen von Energie oder Materie, damit in Einsteins Theorie solche Zeitschleifen möglich werden. Die erste fand 1937 der Niederländer Willem van Stockum. Er löste die Einsteinschen Gleichungen für eine rotierende Staubwolke, die mit steigender Entfernung von der Rotationsachse immer dichter wird, und berechnete, wie diese Anordnung den Raum krümmt. Wie van Stockum zeigte, würde ein Beobachter, der die Wolkenachse in hinreichend großer Entfernung umrundet, entlang einer geschlossenen zeitartigen Kurve in seine eigene Vergangenheit gelangen. Inzwischen sind etliche weitere hypothetische Raum-Zeit-Gebilde bekannt, die den Einsteinschen Gleichungen gehorchen und geschlossene zeitartige Kurven erlauben.
Viele parallele Welten
Die berühmten, von Science-Fiction-Autoren gerne und oft bemühten Wurmlöcher gehören dazu, aber auch astrophysikalisch Realistischeres wie das Innere rotierender Schwarzer Löcher. Nun hat man mit den Einsteinschen Gleichungen sonst nur die allerbesten Erfahrungen gemacht. Und nicht alles, was eine Theorie erlaubt, muss tatsächlich auch existieren. So gibt es gegen die Realexistenz jeder einzelnen pathologischen Raumzeit gewichtige Gründe: van Stockums Wolke müsste entlang ihrer Achse unendlich lang sein und sich unglaubhaft schnell drehen, für Wurmlöcher bedarf es exotischer Materie mit negativer Masse, die noch nirgends gesichtet wurde, und was hinter den Ereignishorizonten Schwarzer Löcher wirklich vor sich geht, kann man sowieso nicht sicher wissen.
Allerdings: Für Physiker, die sich damit näher befassen, ist das alles nur bedingt tröstlich. „Es gibt für jeden dieser Fälle eine Ausrede, warum man sich keine Sorgen machen muss“, sagt Matt Visser von der Victoria University im neuseeländischen Wellington. „Aber es ist jedes Mal eine andere Ausrede.“ In Wahrheit ist die Möglichkeit geschlossener zeitartiger Kurven eben doch ein Problem. So fehlt es nicht an Vorschlägen, es zu lösen, wobei einige eher weltanschaulicher als naturwissenschaftlicher Natur sind, dafür aber allerhand literarisches Potential bergen.
So kann man sich verzweigende Raumzeiten vorstellen, bei denen eine Gegenwart mehr als eine Vergangenheit haben kann, oder solche, bei denen sich die Welt anlässlich quantenmechanischer Zufallsprozesse - effektiv also in jedem Moment - in quasi unendlich viele parallele Welten aufteilt, so dass alles in jenem Moment Mögliche auch verwirklicht wird. Die zeitartigen Schleifen würden, zumindest mit überwältigender Wahrscheinlichkeit, nicht wirklich geschlossen und Großvater-Paradoxa deswegen nicht auftreten. Allerdings handelt man sich mit dieser sogenannten „Viele-Welten-Interpretation“ neue Probleme ein; unter anderem bleibt offen, welcher Prozess die Abzweigungen auswählt, deren Abfolge wir als unsere Vergangenheit wahrnehmen.
Noch keine Touristen aus der Zukunft gesichtet
Eine andere Idee hatte 1992 der russische Physiker Igor Dmitrijewitsch Novikov, indem er vorschlug, es könnte ein zusätzliches Naturgesetz geben, eine sogenannte „consistency condition“, die solche Paradoxa einfach verbietet. Reisen in die Vergangenheit sind demnach möglich, aber nur so, dass die Zeitreisenden nichts unternehmen können, was ihre eigene Geschichte ändert. Sie könnten also ins Mittelalter oder ins Jahr 1933 reisen, müssten aber tatenlos zusehen, wie das Byzantinische Reich untergeht oder Hitler die Macht ergreift. Offenbar könnten sie sogar schlechterdings gar nichts ändern - in der besuchten Vergangenheit nicht, aber auch nicht in der Gegenwart, da diese ja über eine geschlossene zeitartige Kurve ebenfalls auf sich selbst zurückwirken könnte. So läuft Novikovs Idee letztlich auf die totale Vorherbestimmung allen Geschehens hinaus, und tatsächlich operiert fatalistische Zeitreise-Science Fiction gerne mit dieser Lösung, etwa in dem Film „12 Monkeys“.
Die meisten Physiker rechnen indes damit, dass sich das Problem der geschlossenen zeitartigen Kurven auflöst, wenn erst einmal die angestrebte Vereinigung von Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie mit der Quantenphysik zu einer vollen Theorie der Quantengravitation geschafft ist. Denn bei extremen Temperaturen, wie sie zuletzt kurz nach dem Urknall auftraten, sowie auf sehr kleinen, subatomaren Raum-Zeit-Regionen, dürften Einsteins Gleichungen nicht mehr exakt gelten und könnten unter Umständen Naturgesetzen Platz machen, die solche Zeitschleifen verbieten. Allerdings sind die bisherigen Ansätze zu einer Quantengravitation noch nicht sehr weit. Weder die Stringtheorie und noch viel weniger die konkurrierende Schleifen-Quantengravitation können derzeit irgendwelche Aussagen darüber machen, ob Zeitschleifen nun möglich bleiben oder nicht.
Allerdings ist das Problem für empirisch orientierte Physiker nicht allzu brennend. Sie nehmen einfach an, dass Zeitschleifen in die Vergangenheit unmöglich sind. Denn wie Stephen Hawking es einmal ausdrückte: „Es gibt einen starken experimentellen Hinweis für diese Annahme, nämlich die Tatsache, dass wir noch nie von Touristen aus der Zukunft heimgesucht wurden.“ Demnach werden wir also niemals zu den Dinosauriern, ins Rom des Kaisers Augustus oder das Wien der k. u. k. Zeit reisen können. Und jeder einzelne Augenblick vergeht unwiederbringlich.

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