Wir sind eine Konversationsgruppe aus Collado Villalba und Umgebung, die sich jeden Freitagmorgen trifft, um Deutsch zu üben.
Hier finden Sie Informationen über die Themen, die wir jede Woche besprechen werden, sowie eine Übersicht des Interessantesten rund um die deutsche Sprache.

Somos un grupo de conversación de Collado Villalba y alrededores, que queda cada viernes por la mañana para practicar alemán.
Aquí encontrarás los temas que tratamos cada semana y una interesante recopilación de todo aquello que atañe al idioma alemán.

Montag, 24. Juni 2013

Die Rettung der Bücher

Ein Feuer hat 2004 in der berühmten Anna Amalia Bibliothek von Weimar Zehntausende historische Bücher beschädigt. In einem speziellen Prozess werden sie jetzt restauriert.

Kühle Luft empfängt den Besucher, wenn er in den Rokokosaal der Anna Amalia Bibliothek kommt. Regale mit in Leder gebundenen Ausgaben stehen auf drei Stockwerken in dem Raum, der einer Kirche ähnlich ist. Von oben blicken die weißen Büsten der berühmten Dichter Schiller, Goethe, Herder und Wieland herab, die alle in der thüringischen Kleinstadt lebten. Auf den ersten Blick ist nichts mehr zu sehen von dem Feuer, das im Jahr 2004 Teile der Bibliothek zerstört hat. Wer genau hinsieht, der entdeckt aber die grauen Papierschachteln zwischen den historischen Büchern: Darin stecken restaurierte Werke.

Am Abend des 2. September 2004 wird ein Kabel zu heiß. Wenig später brennt die Bibliothek. Tausende Bücher werden zerstört. Manche davon sind mehr als eine Million Euro wert, wie die Erstausgabe des Werks des Astronomen Nikolaus Kopernikus. Das größte Feuer in einer deutschen Bibliothek seit 1945 zerstört 50 000 Bücher und beschädigt 62 000 Werke, fast die Hälfte der historischen Sammlung. Es ist eine gigantische kulturhistorische Katastrophe. 


Das Unglück ist heute eine schwierige, aber interessante Aufgabe für Restauratoren. Um die große Menge beschädigter Bücher zu restaurieren, sind sehr effiziente neue Techniken nötig. In einem Prozess, wie es ihn auf der ganzen Welt nur in Weimar gibt, werden zurzeit aus versengten Papieren Tausende wieder benutzbare Bücher gemacht. 

Denn das Feuer hat oft nur den Einband zerstört und die oberen Blätter erreicht. Solange das Regal nicht eingestürzt ist, sind die übrigen Blätter als verkohlter Block stehen geblieben. Oft ist der Text noch komplett zu lesen. 

Gerettet werden diese Papiere in einer gigantischen Werkstatt im Industriegebiet Weimar-Legefeld. Sieben Experten restaurieren dort mindestens 8000 schwarz gewordene Bücher. Das sind auch Handschriften, die zu den wichtigsten Objekten der Bibliothek gehören, und Raritäten, die höchstens noch zweimal in deutschen Bibliotheken zu finden sind. Die Restauratorin Magdalena Izdebska nimmt eine Menge verbrannter Blätter aus einem Karton. Die Ränder sind schwarz. „Nur leicht verbrannt“, diagnostiziert die kleine Frau. Sie pinselt Schmutz und Ascheflocken von den Seiten und legt die Blätter dann wie Spielkarten zwischen dünne Vliesmatten. Eine Matte nach der anderen legt sie in eine Metallkonstruktion, die die Form eines kleinen Koffers hat. Zwölf Stunden müssen die Blätter so in einem Tank mit heißem Wasser hängen. Schmutz und Löschschaum, die das Papier zerstören könnten, sind nach dem Bad nicht mehr in den Blättern. Der Text ist
aber auch nach der Wäsche gut zu lesen – die historische Druckfarbe ist aus einer wasserunlöslichen Substanz.


Immer zwei nasse Blätter einer Doppelseite legt Izdebska danach vorsichtig auf ein Vlies, das sie zwischen zwei Gitter steckt. Das Gitter taucht sie in einen Tank ein, in dem eine stark verdünnte dicke Masse aus Textilfasern schwimmt. Aus diesen natürlichen Materialien wurden vor 200 Jahren viele Papiere hergestellt. Sobald die Substanz durch das Gitter gesaugt wird, bleiben die Fasern auf dem Vlies rund um den Rest des alten Blatts hängen – als frisches Papier. Sie füllen die fehlenden Stellen zu normaler Blattgröße auf.



Während der Nacht trocknen die neuen Blätter, bevor sie in die richtige Größe geschnitten und wieder gebunden werden. „Die einzelnen Techniken sind nicht bahnbrechend neu“, sagt Robert Fuchs, einer der bekanntesten Konservierungsspezialisten, der die Restaurierung wissenschaftlich begleitet. Neu war der Prozess in dieser Größe. Durch die Zentralisierung können alle Werke nach denselben Standards restauriert werden.

Blickt man in ein restauriertes Buch, sieht man auf jeder Seite den dunklen Rand vom Feuer. Das Team der Anna Amalia Bibliothek will diesen nicht entfernen. „Jedes Exemplar soll seine Geschichte erzählen“, sagt Matthias Hageböck aus dem Restauratorenteam.

Noch immer liegen Tausende beschädigte Bücher in einem Lager. Im Vergleich mit anderen, die zerstörte Kulturschätze pflegen, haben die Restauratoren aber Glück. Der Erfinder der Weimarer Methode, Günter Müller, hat vor Kurzem Kollegen besucht, um sie ihnen zu erklären. Die Kollegen müssen rund 30 Kilometer Dokumente retten. Von manchen dieser Dokumente sind nur noch Papierflocken da. Sie lagen in dem Kölner Stadtarchiv, als es 2009 einstürzte.

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